Nuklearmedizin im Zeitalter der personalisierten Medizin
Die Nuklearmedizin hat sich im letzten Jahrzehnt einen hohen Stellenwert im Patient:innenmanagement erarbeitet. Bildgebungstechniken wie die Single Photon Emissions Computer Tomographie (SPECT) oder die Positronen Emissions Tomographie (PET) ermöglichen die Visualisierung molekularer Prozesse zur Therapieselektion, zum Therapiemonitoring oder auch zur Risikostratifizierung von Patient:innen.
Insbesondere der klinische Erfolg der [18F]FDG PET zur Bildgebung des Tumormetabolismus hat die Akzeptanz nuklearmedizinischer Verfahren weitreichend erhöht und zu einem Umdenken im Verständnis der Tumorbiologie beigetragen. Glukose wird jedoch nicht nur von Tumorzellen metabolisiert, sondern auch von körpereigenen Immunzellen, was insbesondere die Charakterisierung von Tumoren im Rahmen des Therapiemonitorings erschwert. So wurden in den letzten Jahren zahlreiche Radiopharmaka entwickelt, die spezifischer an molekulare Zielstrukturen unterschiedlicher Tumoren binden und damit ein höheres Potential aufweisen, das Ansprechen auf moderne medikamentöse Therapien vorherzusagen.
Eine Vielzahl rezenter Publikationen hat die Limitationen moderner individualisierter Diagnose- und Therapiekonzepte in Verbindung mit der Heterogenität von Tumoren aufgezeigt. Nicht nur innerhalb des Primärtumors, sondern auch im Vergleich zu einzelnen metastatischen Läsionen konnte eine hohe molekulargenetische Variabilität nachgewiesen werden, was die Validierung einzelner Biomarker zur Therapieselektion erschwert. Werden genetische Analysen ausschließlich anhand von einzelnen Tumorbiopsien durchgeführt, führt dies häufig zur Unterschätzung der Mutationslast und bei entsprechender Therapie zur Selektion therapierefraktärer Klone, was mittelbar das Tumorrediziv begünstigt. Zudem wird dadurch der Erfolg klinischer Phase I- und II-Studien beeinträchtigt, wenn die gesamte Tumorlast hinsichtlich molekularer Targets nicht ausreichend charakterisiert oder vermeintlich toxische Therapieeffekte nicht ausreichend berücksichtigt wurden.
Funktionell bildgebende Verfahren wie SPECT oder PET könnten künftig Therapieentscheidungen und damit die Auswahl potentiell wirksamer Medikamente durch den Einsatz hochspezifischer Biomarker zur In-vivo-Charakterisierung der Tumorläsionen und ihrer Mikroumgebung entscheidend beeinflussen.
Diese Techniken ermöglichen nicht-invasive serielle Aufnahmen des ganzen Körpers, so dass sämtliche Tumormanifestationen innerhalb einer Untersuchungsganges charakterisiert werden können, wodurch das systembiologische Verständnis des Tumorverhaltens gefördert wird.
Ein weiterer Vorteil nuklearmedizinischer Techniken ist die Möglichkeit, dieselbe Grundsubstanz sowohl für bildgebende Diagnostik als auch für Therapien, sogenannte Radiopeptid- oder Radioimmunotherapien, zu verwenden. Dieses Konzept, welches vielen aus der Diagnostik und Therapie von Schilddrüsentumoren mittels radioaktiver Iodisotope bekannt ist, kann somit als Paradigma für moderne sogenannte „theranostische“ Konzepte gelten.
Auch die Techniken nuklearmedizinischer Bildgebung haben sich durch die Entwicklung sogenannter Hybridscanner wie PET/CT, PET/MR oder SPECT/CT rasant verbessert, was die Verarbeitung mulipler Bildinformationen im Sinne sogenannter multiparametrischer Konzepte revolutionieren wird und einen weiteren Schritt in Richtung einer virtuellen Tumorhistologie vollziehen hilft. Hier ist nicht nur eine enge Verzahnung mit Medizinphysik und Bioinformatik gefragt, sondern auch mit den verschiedenen radiologischen Disziplinen.
All diese Trends werden den Wandel der nuklearmedizinischen Bildgebung hin zu einem zentralen Baustein der modernen personalisierten Medizin ermöglichen.